Betriebsrentengesetz (BetrAVG)

Betriebsrentengesetz (BetrAVG)
Kurzbezeichnung für das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 (BGBl I 3610) m.spät.Änd., v.a. durch Art. 9 Altersvermögensgesetz vom 26.6.2001 (BGB1 I 1310).
I. Beschreibung/Zielsetzung:Das Gesetz enthält arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Vorschriften zur  betrieblichen Altersversorgung.
- 1. Ziel der arbeitsrechtlichen Vorschriften ist es, die betriebliche Altersversorgung für Versorgungsempfänger, Arbeitnehmer und einige durch § 17 BetrAVG Gleichgestellte (z.B. Handelsvertreter) sicherer und wirkungsvoller zu gestalten.
- 2. Ziele des steuerrechtlichen Teils sind v.a. die Ausbreitung und Ausweitung der betrieblichen Altersversorgung.
II. Arbeitsrechtlicher Teil(§§ 1–18 BetrAVG): 1. Nach dem BetrAVG liegt betriebliche Altersversorgung auch vor bei beitragsorientierten Leistungszusagen,  Beitragszusagen mit Mindestleistung und  Entgeltumwandlung (§ 1 I BetrAVG).
- 2. Unverfallbarkeit: Das BetrVAG bestimmt in § 1b BetrAVG zwingend, dass Versorgungsanwartschaften ( Pensionsanwartschaften) mindestens teilweise auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Versorgungsfalles unter folgenden Voraussetzungen erhalten bleiben: Vollendung des 30. Lebensjahres und fünfjähriges Bestehen der Versorgungszusage. Die Frist wird nicht durch die Änderung (Verbesserung) oder Übernahme durch eine andere Person unterbrochen. Bei  Entgeltumwandlung besteht von Anfang an Unverfallbarkeit (§ 1b IV BetrAVG).
- 3. Die Höhe des erhaltenen Anspruchs (unverfallbare Anwartschaft) wird grundsätzlich nach dem Quotierungsprinzip (ratierliche Berechnungsmethode, pro-rata-temporis-Methode) berechnet. Von der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung bleibt mindestens der Teil erhalten, der dem Verhältnis der tatsächlich erreichten Betriebszugehörigkeit zur Betriebszugehörigkeit, die bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres oder einer früheren Altersgrenze erreichbar gewesen wäre, entspricht (§ 2 I BetrAVG). Bei  Beitragszusagen mit Mindestleistung besteht die unverfallbare Anwartschaft im dem Arbeitnehmer zuzurechnenden Versorgungskapital auf der Grundlage der bis zum Ausscheiden geleisteten Beiträge, mindestens der Summe der geleisteten Beiträge (§ 2 Va BetrAVG).
- Eine Abfindung und die Übernahme von unverfallbaren Anwartschaften ist nur unter engen Voraussetzungen möglich (§§ 3, 4 BetrAVG).
- 3. Auszehrungsverbot: Beim Eintritt des Versorgungsfalles festgesetzte Leistungen dürfen später nicht mehr gekürzt werden, wenn sich andere Versorgungsleistungen durch Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung erhöhen (z.B. die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung; § 5 I BetrAVG).
- 4. Anrechnungsbegrenzungen: Betriebliche Versorgungseinrichtungen berücksichtigen vielfach bei der Festsetzung der Leistung im Versorgungsfall anderweitige Versorgungsbezüge (v.a. Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung). Entweder werden die anderweitigen Bezüge der betrieblichen Versorgungsleistung angerechnet, oder die Versorgungsbezüge insgesamt sind auf eine Höchstleistung begrenzt, z.B. 75 Prozent des letzten Arbeitseinkommens (Gesamtversorgungssysteme). Diese Anrechnung ist jedoch nur insoweit erlaubt, als es sich um Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung handelt, die auf Pflichtbeiträgen beruhen, sowie um sonstige Versorgungsbezüge, die mindestens zur Hälfte durch Beiträge oder Zuschüsse des Arbeitgebers finanziert wurden (§ 5 BetrAVG).
- 5. Anpassungsprüfung: Der Arbeitgeber hat gemäß § 16 BetrAVG alle drei Jahre die Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden (Anpassungsprüfungspflicht). Es sind dabei bes. die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Verpflichtung gilt als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als entweder der Anstieg des Preisindexes für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Arbeitnehmern mit mittleren Einkommen oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens. Sie entfällt, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um mindestens ein Prozent anzupassen. Sie entfällt bei  Beitragszusagen mit Mindestleistung. Für Direktversicherungen, Pensionskassen, Entgeltumwandlungen und Auszahlungspläne gelten Spezialregelungen (§ 16 III und V BetrAVG). Die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers kann gerichtlich nachgeprüft werden entsprechend § 315 II BGB.
- 6. Insolvenzsicherung: Sie gewährleistet die betriebliche Altersversorgung auch im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers.
- a) Umfang des Schutzes: Bei Eintritt des Sicherungsfalles sind die bereits laufenden betrieblichen Versorgungsleistungen sowie -anwartschaften, die zu diesem Zeitpunkt nach den Vorschriften des BetrAVG unverfallbar sind, geschützt. Keiner Insolvenzsicherung bedürfen Direktversicherungen, wenn spätestens mit Erfüllung der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen das unwiderrufliche Bezugsrecht ( Bezugsberechtigung) vorgesehen ist und wenn sie weder abgetreten noch beliehen sind. Bei Beleihung oder Abtretung von Direktversicherungen mit unwiderruflichem Bezugsrecht unterliegt nur der betroffene Teil der Versicherung der Insolvenzsicherung. Überdies entfällt die Insolvenzsicherung für alle Anwartschaften und Ansprüche auf Pensionskassenleistungen. Der Bund, die Länder, die Gemeinden sowie bestimmte öffentlich-rechtliche Einrichtungen sind ebenfalls von der Insolvenzsicherung befreit.
- b) Träger der Insolvenzsicherung ist der Pensions-Sicherungsverein a.G. in Köln (PSVaG), der vom Verband der Lebensversicherungsunternehmen, von BDA und BDI gemeinsam getragen wird. Die Abwicklung der anfallenden Rentenleistungen überträgt der PSVaG einem Konsortium aus der Lebensversicherungswirtschaft.
- c) Leistungsumfang: Die gesicherte Leistung ist begrenzt (Renten auf das Dreifache der im Zeitpunkt der ersten Fälligkeit maßgeblichen Bezugsgröße gemäß § 18 SGB IV.
- d) Die Mittel für die Insolvenzsicherung werden von den Mitgliedern des PSVaG aufgebracht. Mitglieder sind Arbeitgeber mit gesetzlich unverfallbaren oder bereits laufenden Versorgungsverpflichtungen, die der Insolvenzsicherung unterliegen.
- 7. Flexible Altersgrenze: Nimmt ein Versorgungsberechtigter die Alters-Vollrente der gesetzlichen Versicherung schon vorzeitig, d.h. vor Erreichen des Regelruhealters (Vollendung des 65. Lebensjahres), in Anspruch, so muss der Versorgungsträger nach § 6 BetrAVG auf Verlangen des Versorgungsanwärters auch die Betriebsrente vorzeitig gewähren, sofern der Berechtigte die  Wartezeit und die sonstigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt. Die Erfüllung der Unverfallbarkeitsfrist ist keine Anspruchsvoraussetzung. § 6 BetrAVG gestattet eine Kürzung des vorgezogenen betrieblichen Ruhegeldes.
- 8. Tarifdispositives Recht: In § 17 III BetrAVG ist bestimmt, von welchen Vorschriften des Gesetzes in  Tarifverträgen und bei Vereinbarungen der einschlägigen tariflichen Regelungen abgewichen werden kann. Im Übrigen kann nicht zu Ungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden.
III. Steuerrechtlicher Teil(§§ 19–25 BetrAVG): Durch diese Vorschriften wurden das Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer-, Versicherungsteuer- und Umsatzsteuergesetz geändert bzw. angepasst und das Zuwendungsgesetz aufgehoben. Materiell bedeutsam sind die Einschränkung der Vorausfinanzierung der Unterstützungskassen, das Teilwertverfahren für die Bewertung der Pensionsrückstellungen in der Ertragsteuerbilanz ( Pensionsrückstellungen) und v.a. die Pauschalierung der Lohnsteuer für bestimmte Zukunftssicherungsleistungen (Direktversicherungen und Zuwendungen an Pensionskassen unter bestimmten Voraussetzungen).

Lexikon der Economics. 2013.

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